Freiheit
Ein großes Wort, das für jeden Menschen etwas anderes bedeutet. Für mich ist es mehr als nur ein Konzept – es ist ein Gefühl, eine innere Haltung und vor allem ein tiefes Bedürfnis. Doch wie kam es dazu, dass wir uns als Familie so sehr nach Freiheit sehnen? Ich möchte euch auf unsere ganz persönliche Reise mitnehmen. Vielleicht erkennt sich der eine oder andere darin wieder
Schon als Kind war ich irgendwie anders. Ich war verträumt, liebte Tiere und verbrachte meine Zeit lieber damit, aus dem Fenster zu schauen, als dem Unterricht in der Schule zu folgen. Eine meiner größten Inspirationen war meine Tante. Sie lebte mit einem tiefen Respekt für alle Lebewesen und aß kein Fleisch.
Mit etwa elf Jahren beschloss ich ebenfalls, auf Fleisch zu verzichten. Ich hatte verstanden, dass Tiere fühlende Wesen sind – und dass es sich für mich einfach falsch anfühlte, sie zu essen. Dieser Schritt kam ganz intuitiv und fühlte sich von Anfang an richtig an.
Als junge Erwachsene entschied ich mich schließlich, meine Ernährung komplett auf vegan umzustellen. Anfangs war es mit einigen Herausforderungen verbunden, doch nach und nach wurde es zur Selbstverständlichkeit. Ich fühlte mich klarer, bewusster und stärker mit mir selbst und meiner Umwelt verbunden.
Dann kam meine Schwangerschaft – ein ganz besonderer Abschnitt in meinem Leben. Mit der Geburt meiner Tochter wuchs mein Feingefühl für viele Dinge noch einmal deutlich. Ich begann, noch mehr auf mein Bauchgefühl zu hören – selbst wenn das bedeutete, gesellschaftliche Normen zu hinterfragen oder ganz bewusst zu brechen.

Themen wie Familienbett, Langzeitstillen, pflanzliche Babyernährung, Stoffwindeln, Tragetuch und die Entscheidung gegen Impfungen kamen ganz natürlich in mein Leben. Es waren keine bewussten „Protesthandlungen“, sondern Schritte, die sich einfach richtig anfühlten – tief aus mir heraus. Natürlich waren diese Entscheidungen nicht immer leicht umzusetzen, vor allem, weil mein Umfeld vieles davon kritisch betrachtete. Aber selbst rückblickend bin ich mit all diesen Entscheidungen vollkommen im Reinen. Auch die schwierigeren Phasen haben mich nur bestärkt.
Nach einigen wunderschönen Babyjahren holte mich dann die Realität ein. Es war Zeit, „erwachsen“ zu werden und ein Vorbild für mein Kind zu sein – nicht nur emotional, sondern auch im praktischen Leben. Ich brauchte eine Ausbildung, ein Einkommen, eine Perspektive. Also musste ich eine Betreuung für mein Kind organisieren.
Da ich zu diesem Zeitpunkt alleinerziehend war, brachte ich meine Tochter morgens zur Tagesmutter und holte sie abends aus der Krabbelstube ab. Jeden Tag das gleiche Bild: ein weinendes Kind – und eine Mutter, die oft mit weinte. Es tat so weh, sie wegzugeben. Mein Herz zerbrach dabei Stück für Stück, Tag für Tag.
Aber ich hatte keine Wahl – ich wollte und sollte ein Vorbild sein. Ich wollte für unsere Zukunft sorgen, für Sicherheit, für eine Perspektive. Wie oft beneidete ich andere junge Mütter, die einen Partner an ihrer Seite hatten, der sie unterstützte – oder wenigstens eine stabile Familie, die mit anpackte. Ich hätte mir so sehr gewünscht, länger bei A. zu bleiben oder wenigstens jemanden zu haben, der ihr wirklich nahestand und ihr Geborgenheit schenkte.
Aber diese Unterstützung hatte ich nicht. Und weil ich keine Alternative sah, machte ich einfach weiter.
Irgendwann lernte ich Johannes kennen. Plötzlich waren wir nicht mehr nur zu zweit – wir waren eine kleine Familie. Und mit ihm an unserer Seite wurde vieles leichter.
Wir zogen zusammen, wir waren glücklich. Doch die Realität holte uns auch hier schnell wieder ein: Unsere Wohnung war teuer, also gingen wir beide arbeiten. Und während wir unseren Alltag meisterten, stand auch schon die Schulzeit vor der Tür.
Wie wir den Mut fanden, neue Wege zu gehen
Wie die meisten Eltern freuten auch wir uns riesig auf diesen großen Schritt im Leben unseres Kindes: die Einschulung. Mit ganz viel Liebe bastelte ich die heiß ersehnte Schultüte, und A. wurde in eine ganz normale Dorfschule eingeschult. Es war ein Moment voller Stolz und Freude.
Doch diese anfängliche Euphorie verflog schneller, als wir es uns je hätten vorstellen können. Schon bald stellte sich der Schulalltag ein – und mit ihm begannen Jahre voller Tränen und Erschöpfung. Die Lehrkraft war mit den Leistungen unseres Kindes unzufrieden, obwohl A. jeden Tag stundenlang Hausaufgaben machte und fleißig lernte. Und das bereits in der Grundschule.
Oft saßen wir bis spät in den Abend über den Aufgaben – ich neben einem weinenden Kind, das Angst vor den Konsequenzen in der Schule hatte. Es war herzzerreißend. Und immer öfter musste ich die Hausaufgaben beenden, weil A. einfach nicht mehr konnte.
Es folgten viele belastende Gespräche mit der Schule, doch ich spürte tief in mir: Diese Form von Bildung, dieses System – das ist nicht der richtige Weg für mein Kind.
Gleichzeitig begann in mir ein anderer Wunsch zu wachsen – der Wunsch nach Natur, nach einem Zuhause im Grünen. Ich sehnte mich nach einem Garten, nach Platz zum Spielen, nach einem Leben mit Erde unter den Fingern. Wir begannen, nach einer Wohnung mit Garten zu suchen – und verliebten uns schließlich in ein Haus. Doch nach langem Hoffen, Bangen und Warten bekamen wir es nicht. Eine große Enttäuschung.

Kurz danach fuhren wir in den Urlaub nach Österreich. Und was soll ich sagen? Wir verliebten uns sofort in die atemberaubende Natur. Die Seen wirkten magisch auf uns, die Berge zogen uns in ihren Bann. Und plötzlich war da dieses klare Gefühl: Uns hält nichts mehr in Deutschland. Die Sehnsucht nach einem naturnahen Leben war größer als alles andere. Wir beschlossen: Wir wandern aus.
Während meiner Recherche zur Auswanderung stieß ich zufällig auf eine Reportage über eine Familie in Österreich, die „schulfrei“ lebte. Ich war sofort fasziniert. Lernen durch das Leben selbst, durch Vorbild statt durch Druck – das klang so natürlich und richtig! Als gelernte Kinderpflegerin mit einer Vorliebe für alternative Pädagogik wie Montessori oder Waldorf fühlte ich mich sofort angesprochen.
Ich versprach meiner Tochter: Wenn wir nach Österreich ziehen, musst du gar nicht mehr zur Schule gehen. Denn dort schien es diese Möglichkeit zu geben. Ich nahm mir vor, mich näher mit dem Thema zu befassen, sobald wir umgezogen wären.
Doch dann kam kurz vor unserem Umzug die Corona-Pandemie. Plötzlich war A. ohnehin zu Hause – aber ganz anders, als wir es uns erhofft hatten. Statt Freiheit herrschte enormer Druck. Sie musste ihre Schulaufgaben nun zu Hause erledigen, Johannes arbeitete im Homeoffice – und ich selbst musste in der Notbetreuung weiter auf fremde Kinder aufpassen.
Die Sehnsucht nach meinem eigenen Kind war riesig. Und alles fühlte sich einfach falsch an. Es war nicht das Leben, das wir uns erträumt hatten.
Trotzdem zogen wir nach Österreich. Aylin besuchte zunächst eine kleine Dorfschule. Die Klassen waren kleiner, die Lehrkräfte deutlich bemüht und feinfühliger – und trotzdem merkten wir sehr schnell: Es fühlt sich einfach nicht stimmig an. Nicht für uns.
Zwar wohnten wir nun noch ländlicher als zuvor in Deutschland, und ich hatte endlich einen großen Balkon, auf dem ich Gemüse anbauen konnte. Aber irgendwie fühlte sich das Leben immer noch nicht frei an. Ganz im Gegenteil: Durch die strengen Corona-Maßnahmen wuchs in uns der Wunsch nach einem anderen, selbstbestimmten Leben nur noch stärker.
Unser Weg in die Freiheit

Schon immer hatten wir eine große Leidenschaft fürs Campen. Also kauften wir einen leeren Transporter, den Johannes mit viel Liebe und Hingabe auf unserem Parkplatz zu einem gemütlichen Camper ausbaute.
Gleichzeitig spürten wir immer stärker, wie uns unsere große 5-Zimmer-Wohnung mit all dem angesammelten Kram erdrückte. So viele Dinge, so viel Ballast. Also begannen wir radikal auszusortieren – machten sogar eine Challenge daraus. Und trotzdem: Es blieb noch immer so viel übrig.
Der Wunsch nach einem echten Aufbruch wuchs. Wir träumten davon, frei zu leben – selbstbestimmt, im Einklang mit der Natur, näher bei uns selbst. Also wagten wir den nächsten Schritt: Wir meldeten unsere Tochter zum ersten Mal von der Schule ab und kündigten unsere Wohnung.
Doch nach diesem mutigen Schritt kam die Unsicherheit. Auf einmal fühlte sich alles zu groß an. Also beschlossen wir, vorerst doch noch einmal sesshaft zu werden – in einer kleineren Wohnung.
Im Winter machten wir uns auf den Weg Richtung Italien. Doch schon nach kurzer Zeit merkten wir: Etwas stimmte nicht. Große Ängste und Unsicherheiten begleiteten uns. Wir fühlten uns blockiert – und kehrten zurück in die vermeintliche Sicherheit. Zurück ins Hamsterrad. Nur diesmal nicht mit Balkon und Platz, sondern in eine kleine 3-Zimmer-Wohnung in einer Kleinstadt mitten in Österreich.
Und es wurde nicht besser. Ich begann wieder zu arbeiten und versuchte gleichzeitig, unser Kind zu unterrichten. Ein vermeintlicher Kompromiss, der sich schnell als nicht stimmig herausstellte.
Die Jahre vergingen. Und mit ihnen wuchs die Sehnsucht – nach einem Zuhause, das sich wirklich nach Zuhause anfühlt. Wir schauten uns unzählige Wohnungen und Häuser an, aber es ergab sich nie. Nichts fühlte sich richtig an. Und irgendwann fragten wir uns: Sind unsere Erwartungen zu hoch?
Doch dann kam eine neue Erkenntnis: Vielleicht liegt unser Zuhause gar nicht in Österreich. Vielleicht ist es woanders. Denn in uns tobt eine Zerrissenheit – der Wunsch nach einem festen Ort, der uns trägt, ist genauso stark wie der Wunsch, die Welt zu entdecken. Und dazwischen: eine tiefe Sehnsucht nach Ruhe. Nach Natur. Nach echter Zeit als Familie. Am liebsten ganz viel davon.
Und die Wahrheit ist: Es liegt nicht nur an unserer kleinen Wohnung. An der Umgebung. Am immer gleichen Alltag. Es liegt auch an uns. tief in uns spüren wir – das ist nicht unser Weg.
Unser Wunsch ist klar:

Freiheit bedeutet für uns, im Einklang mit unseren Werten zu leben. Dem Herzen zu folgen. Unserer inneren Stimme zu vertrauen – auch wenn der Weg nicht immer klar ist.
Und eines Tages – davon sind wir überzeugt – werden wir ankommen. An einem Ort, der sich richtig anfühlt. Und dann werden wir wissen: Wir sind Zuhause.
An einem Ort, der nicht nur ein Platz auf der Landkarte ist, sondern ein Gefühl.
Ein Zuhause, das nicht perfekt sein muss, aber sich richtig anfühlt.
Vielleicht wird es wirklich das gewünschte kleine autarke Haus mit Garten sein, vielleicht wird es aber auch ein Camper mit dem wir die Welt entdecken oder es wird etwas ganz anderes. Wir wissen es nicht.
Aber was auch immer es sein wird – wir werden es erkennen.
Weil wir gelernt haben, unserer inneren Stimme zu vertrauen.
Weil wir den Mut hatten, loszugehen – immer wieder.
Denn echte Freiheit beginnt nicht da draußen.
Sie beginnt in uns.
Und genau dort sind wir auf dem besten Weg, anzukommen.
Schreib doch gerne, was bedeutet Freiheit für dich? Wir freuen uns auch sehr über deine Gedanken zu unserem Blogbeitrag.